Wassergleichgewicht Chemie

Wassergleichgewicht Chemie

Wassergleichgewicht Chemie

Biologisches Gleichgewicht im Axolotl Aquarium

Nachdem die wichtigsten Merkmale, die das Wasser ausmachen, aufgezeigt wurden, geht es jetzt noch einen Schritt weiter. Nebst all den Merkmalen, die das Wasser ausmachen und beschreiben, ist das Verstehen der biologischen Abläufe im Aquarium sehr wichtig.
Ein Einsteiger muss diese Vorgänge verstehen und nachvollziehen können, bevor er sich ein Aquarium zulegt.Dies erspart dem Einsteiger viel Ärger, Frust, Geld und nicht zu letzt das Leben der Fische.

Wassergleichgewicht Chemie

Die Nährstofflieferanten

Neben Fischkot und Futterresten, welche Eiweisse enthalten und somit die Hauptnährstofflieferanten sind, gibt es noch einige andere Nährstofflieferanten, die mit der Dauer das Wasser belasten und so zu schlechten Wasserwerten beitragen können. Dazu zählen unter anderem :

  • Dünger für die Pflanzen
  • Pflanzenreste
  • tote Fische
  • tote Schnecken im Bodengrund

Die Nährstoffverbraucher

Als Nährstoffverbraucher kann man mehrere in Betracht ziehen :

  • Bakterien, die Stoffe wie Nitrit (NO2) in Nitrat (NO3) umwandeln
  • Schnecken, die Futterreste und tote Fische beseitigen
  • Pflanzen, die unter anderem Nitrat aufnehmen

Das (Mikro)Ökosystem

Ein Aquarium stellt im Idealfall ein kleiner Ausschnitt der Natur dar. Alle Abläufe, die in der Natur stattfinden, sollten demnach auch im Aquarium stattfinden. Einige Abläufe brauchen jedoch den Eingriff des Aquarianers und werden so der Natur nachgebildet.

Ein Aquarium ist im Verhältnis zu einem Fluss verschwindend klein, so dass eine perfekte Nachbildung aller Abläufe, wie sie in der Natur geschehen, im Aquarium schlicht unmöglich sind.
Mittlerweile erlauben es moderne Technik und Forschung jedoch, Fische nahezu artgerecht in Aquarien zu halten.
Abbau und Umwandlung

Wie oben kurz beschrieben wurde, gibt es Nährstofflieferanten und Nährstoffverbraucher. In einem sorgfältig gepflegten Aquarium stellt sich mit der Zeit ein biologisches Gleichgewicht ein, dass heisst, Nährstoffverbraucher und Nährstofflieferanten heben sich (fast) auf. Mathematisch ausgedrückt :

Nährstofflieferanten + Nährstoffverbraucher = 0

Leider gibt es einige Abfallprodukte, die nicht umgewandelt werden können bzw. schon umgewandelt wurden. Mit der Zeit häufen sich diese Abfallprodukte an und können nur durch einen Wasserwechsel entfernt werden.

Doch wie werden die Nährstofflieferanten abgebaut bzw. umgewandelt ?

Futterreste und Fischkot enthalten Eiweisse, welche durch Peptide zu Aminosäuren verarbeitet werden. Da „unsere“ Bakterien der Gattung Nitrosomas und Nitrobacter mit Aminosäuren nichts anzufangen wissen, werden diese Aminosäuren in einem weiteren Schritt zu Ammoniak oder Ammonium verarbeitet.
Bakterien der Gattung Nitrosomas wandeln das Ammonium zu dem für die Fische hochgiftigen Nitrit um. Ist das Aquarium eingefahren, so wandeln Bakterien der Gattung Nitrobacter das Nitrit und das relativ harmlose Nitrat um. Nitrat, Phosphat und CO2 werden bei einer ausreichenden Bepflanzung und Beleuchtung von den Pflanzen fast vollständig aufgenommen.

Wenn etwas schief läuft, dann läufts gewaltig schief

Befindet sich das Aquarium nicht im biologischen Gleichgewicht, so ist der oben beschriebene Ablauf zumindest gestört oder hat gar noch nicht statt gefunden, wie bei einem neu eingerichteten Aquarium zum Beispiel.
In diesem Fall besteht ein Überangebot an Nährstofflieferanten, was im besten Falle zu einem verstärkten Algenwachstum führt. Meistens jedoch läuft genau in diesem Moment alles schief und neben wahren Algenteppichen, denen man beim wachsen fast zuschauen kann, verschlechtern sich die Wasserwerte rapide.

Plötzlicher Algenwachstum in einem eingefahrenen Aquarium ist ein erstes Warnzeichen, dass sich das Auqarium nicht mehr im biologischen Gleichgewicht befindet!

Wie erreicht das Aquarium das biologische Gleichgewicht ?

Wenn das Aquarium neu eigerichtet worden ist, befinden sich praktisch keine Bakterien im Filter, auf den Pflanzen und dem Bodengrund. Zu diesem Zeitpunkt dürfen keine Fische im Aquarium sein, da der sogennante Nitritpeak noch bevorsteht. Würden sich zu diesem Zeitpunkt schon Fische im Aquarium befinden, so wären diese zum einen durch den Nitritpeak akut gefährdet, zum anderen würde sich unter Umständen nur schwerlich ein biologisches Gleichgewicht einstellen.

Einfahrzeit

Bis sich der oben beschriebene Ablauf entwickelt hat, vergehen mehrere Wochen. Diese Zeit nennt man Einfahrzeit und ist sowohl für das biologische Gleichgewicht wie auch die späteren Fische enorm wichtig. Für den angehenden Aquarianer ist es eine Qual, die Einfahrzeit ohne Fische zu erleben. Hat man doch viel Geld für sein neues Hobby ausgegeben und kann vorerst keine Fische im Aquarium halten.

Was geschieht während der Einfahrzeit ? (sehr vereinfachte Form!)

Ein frisch eingerichtetes Aquarium verfügt noch nicht über die Bakterienstämme, die es für den Abbau der Nährstofflieferanten braucht. Das Leitungswasser ist biologisch gesehen tod und muss erst zum Leben erweckt werden. Die einzigen Nährstofflieferanten zu diesem Zeitpunkt sind vereinfacht gesagt die Pflanzen und eventuell blinde Passagiere an den Pflanzen in Form von Schnecken oder Schneckeneier.
Pflanzen erneuern sich immer, alte Pflanzenzellen sterben ab und sind somit neben den Ausscheidungen der Schnecken die ersten Nährstofflieferanten. Durch komplizierte chemische Prozesse entstehen sogenannte Peptide, welche die abgestorbenen Pflanzenzellen in Aminosäuren umwandeln. Durch weitere chemische Prozesse werden die Aminosäuren in Ammonium ungewandelt.
Das Ammonium liegt zu diesem Zeitpunkt vor, jedoch müssen sich die Nitrosomas-Bakterien erst bilden, damit das Ammonium weiter verarbeitet werden kann. Dies braucht jedoch seine Zeit.
Zu diesem Zeitpunkt liegt ein überfluss an Ammonium und Ammoniak vor. Je nach PH-Wert wird nur Ammonium, Ammonium und Ammoniak oder fast nur Ammoniak gebildet.

Langsam entwickeln sich die Nitrosomas-Bakterien, verbreiten und siedeln sich vor allem im Filter und den Bodengrund an. Dadurch wird das Ammonium zu Nitrit umgewandelt und der Nitritgehalt im Wasser steigt an. Man kann den Nitritgehalt mittels Test bestimmen.
Wiederum fehlen Bakterien, diesmal Bakterien der Gattung Nitrobacter, weshalb der Nitritgehalt im Wasser sehr schnell steigt. Diesen explosionsartigen Anstieg nennt man Nitritpeak und ist in einem Selbstversuch anschaulich dargestellt.

Sehr schnell ist eine für die Fische toxische beziehungsweise tödliche Menge Nitrit im Wasser vorhanden.
Langsam bilden sich die Nitrobacterbakterien, welche das Nitrit zu Nitrat verarbeiten (oxidieren).

Nitritpeak verhindern ?

Der Nitritpeak kann durch Wasserwechsel gedämpft, durch Fischfutterzugaben verstärkt werden.

Es gibt einige Mittel auf dem Markt, die Nitrit zwar binden, jedoch den Nitritpeak nicht verhindern können. Auch wenn man das Nitrit nicht nachweisen kann, liegt das Nitrit in gebundener Form im Aquarium vor und kann unter Umständen später wieder frei gesetzt werden.
Zudem greifen diese Mittel stark in den biologischen Aufbauprozess der Bakterienstämme der Nitrobacter ein und dies gefährdet das spätere biologische Gleichgewicht erheblich.

Leider gibt es Händler, die offensichtlichen Anfängern solche „Wundermittelchen“ im schlimmsten Falle zusammen mit Fischen verkaufen.

Was die Natur in Millionen Jahren langsam aufgebaut hat, kann mit keinem Mittelchen wirklich nachgebildet werden. Dem angehenden Aquarianer sollte es Wert sein, die Einfahrphase abzuwarten.
Was sind vielleicht vier Wochen Einfahrzeit schon gegen Millionen Jahre Entwicklung der Natur ?

Erst nach dem Nitritpeak ist das Aquarium theoretisch bereit für die ersten Fische. Da das biologische Gleichgewicht jedoch längst noch nicht vorhanden ist, dürfen nicht zu viele Fische auf einmal eingesetzt werden. Die Bakterien sind zu diesem Zeitpunkt zwar vorhanden, jedoch noch nicht in dem Ausmass, dass sie die Ausscheidungen zu vieler Fische und Futterreste verarbeiten können. Würden zu diesem Zeitpunkt zu viele Fische eingesetzt werden, so wäre die Gefahr eines weiteren Nitritpeaks vorhanden.
Der Nitritpeak ist zwar ärgerlich für den Einsteiger, für die weitere Entwicklung jedoch unentbehrlich. Er sollte NICHT verhindert werden

Was gefährdet das biologische Gleichgewicht ?

Die Ursachen sind vielfältig und manchmal nicht einmal sichtbar :

  • Viele Einsteiger gedulden sich nicht und wollen auf Biegen und Brechen Fische im frisch eingerichteten Aquarium haben
  • Zuviel Futter. Fische sind wahre Bettelkünstler und manche Einsteiger geben dem Betteln zu gerne nach. Gerade am Anfang ist es schwer, die Futtermenge richtig zu dosieren. Deshalb gilt : lieber ein bisschen zuwenig Futter geben als zuviel
  • Zu viele Nährstofflieferanten und zu wenig Nährstoffverbraucher
  • der Einsatz von „Zaubermittelchen“, welche Stoffe binden können
  • Medikamente. Antibiotikahaltige Medikamente greifen die Bakterienstämme im Filter und Bodengrund an. Kupferhaltige Medikamente vertragen viele Schmerlenarten schlecht, alle Schneckenarten überhaupt nicht. Im Bodengrund lebende Schnecken verenden so für den Aquarianer unsichtbar und belasten somit das Aquariumwasser erheblich!
  • keine bzw. zuwenige Wasserwechsel oder die Menge Wasser, die gewechselt wird
  • verendete Fische, die nicht an die Wasseroberfläche steigen. Durch Zersetzungsprozesse im toten Fisch entstehen Gase, die dem toten Fisch den nötigen Auftrieb geben. Leider verstecken sich einige Fischarten, weil sie scheu sind bzw weil es ihrer Natur entspricht, sich mehrheitlich in Höhlen oder ähnlichem aufzuhalten. Diese Fische verenden oft unsichtbar für den Aquarianer und gefährden das Gleichgewicht unter Umständen sehr
  • faulende Pflanzenwurzeln
  • zuviel Pflanzendünger

Der Wasserwechsel

Mit einem Wasserwechsel werden in erster Linie Abfallprodukte wie überschüssige Nahrung, Giftstoffe wie Nitrit und Pflanzenreste aus dem Aquarium entfernt.

In der Natur kommt frisches Wasser in Form von Regen bzw. Quellwasser in die Flüsse. Im Fluss finden die selben Abbauprozesse statt wie im Aquarium, jedoch sind Flüsse fliessende Gewässer während ein Aquarium in den meisten Fällen ein stehendes Gewässer ohne Zu- und Abfluss ist.

Es obligt dem Aquarianer, diesen Part von Regen und Fluss im Aquarium mittels Wasserwechsel durchzuführen.

Wie gross muss ein Wasserwechsel sein ?

So einfach lässt sich die Frage leider nicht beantworten. Es spielen sehr viele Faktoren eine Rolle :

  • Fischbesatz
  • Art der verwendeten Pflanzen, Bepflanzung im allgemeinen
  • Futtermenge, die verfüttert wird
  • Dauer, seit das Aquarium läuft

Tierbesatz

Sind viele Tiere im Aquarium, so wird meistens auch viel gefüttert. Dies führt schneller zur Verschlechterung der Wasserqualität als ein kleiner Fischbesatz und wenig Fütterung.

Art der verwendeten Pflanzen

Aquarien mit wenigen oder keinen Pflanzen haben praktisch keine Nährstoffverbraucher, womit sich die Wasserqualität auch schneller verschlechtert wie mit vielen Pflanzen. Dabei spielt es eine Rolle, ob schnell- oder langsamwachsende Pflanzen verwendet werden, da schnellwachsende Pflanzen in den meisten Fällen auch mehr Nährstoffe aufnehmen können und diese somit nicht mehr im Wasser verfügbar sind.

Futter, das verfüttert wird

Fische brauchen Futter, keine Frage, aber gerade Einsteiger wissen nicht, wie viel die Fische fressen sollen und füttern oft zuviel. Fische haben im Gegensatz zu Menschen kein Sättigungsgefühl und fressen, was sie nur können. Sie mutieren oft auch zu wahren Bettelkönigen, was Einsteiger oft mit mehr Futter quittieren.
Leider sind Fische auch faule Gesellen und jagen irgendwann nicht mehr dem sinkenden Futter hinterher, sondern betteln um noch mehr Futter. Das an den Bodengrund gesunkene Futter vergammelt und belastet das Wasser sehr.

Dauer, seit das Aquarium läuft

Ein frisch eingerichtetes Aquarium verfügt noch nicht über die Bakterienstämme im Filter, auf den Pflanzen und dem Bodengrund. Es befindet sich noch nicht in einem biologischen Gleichgewicht. Dadurch reagiert ein solches Aquarium sehr empfindlich auf plötzliche und grosse Änderungen.
Ein eingefahrenes Aquarium dagegen befindet sich in einem biologischen Gleichgewicht, was jedoch nicht heissen soll, das keine Wasserwechsel mehr nötig wären.

Wie macht man einen Wasserwechsel ?

Tipp

Die einen nehmen einen Mulmsauger oder Schlauch, füllen diesen mit kaltem Leitungswasser, hängen das eine Ende in das Aquarium und das andere Schlauchende in die Badewanne oder den Abfluss in der Küche. Wenn das Schlauchende im Aquarium höher als das Schlauchende in der Badewanne oder dem Abfluss in der Küche ist, fliesst das Aquariumwasser durch den Gartenschlauch in die Badewanne oder den Abfluss. Je grösser dieser Höhenunterschied vom einen zum anderen Schlauchende ist, umso schneller fliesst das Wasser durch den Schlauch. Das selbe gilt für den Schlauchdurchmesser. Ist genügend Aquariumwasser entfernt worden, schliesst man das Schlauchende in der Badewanne oder dem Abfluss in der Küche an den Wasserhahn an und lässt kaltes Wasser über eine Brause langsam ins Aquarium fliessen.
Eine andere Methode spart das wöchentliche Fitnesscenter. Mit einem Schlauch oder einem Mulmsauger  wird das Aquariumwasser in einen Kessel geleitet und in der Badewanne oder dem Abfluss in der Küche entsorgt. Kaltes Leitungswasser in den Kessel rein, eventuell aufbereiten, auf Zimmertemperatur bringen und vorsichtig in das Aquarium giessen.

Hinweis

Es gibt einige vorwitzige Fische, die unbedingt wissen wollen, was sich im Gartenschlauch oder der Mulmglocke befindet und schwimmen dementsprechend in den Gartenschlauch oder die Mulmglocke. Dies kann zu Verletzungen der Fische führen ! Ein weiteres Risiko besteht darin, das Aquariumwasser ungehindert in den Abfluss laufen zu lassen. Fische folgen dem Wasser und verschwinden im schlimmsten Falle im Abfluss ! Die bedeutet in den meisten Fällen der Tod für die Fische.
Um dem Vorzubeugen, empfiehlt sich der Einsatz eines feinmaschigen Netzes vor dem Gartenschlauchende im Aquarium bzw. ein schneller Finger bei der Mulmglocke.

Achtung

Belastetes Leitungswasser, zum Beispiel mit hohen Nitrat- oder Phosphatwerten sollte nicht direkt ins Aquarium geleitet werden. Dasselbe gilt, wenn das Leitungswasser nach Chlor riecht. Chlor greift die Kiemen und Schleimhäute der Fische an und schwächt das Immunsystem der Fische!

Lieber ein Wasserwechsel zu viel als einer zu wenig !

Ungefähre Menge Wasser, die gewechselt werden sollte
Aquariengrösse in Liter geringer Fischbesatz WW in % starker Fischbesatz WW in % wenig Pflanzen WW in % viel Pflanzen WW in % Grösse des WW wöchentlich in Liter minimum Grösse des WW alle zwei Wochen in Liter minimum 1)
54 30 40 35 20 27
60 30 40 35 20 30
70 30 40 35 20 35
90 30 40 35 20 45
112 30 40 35 20 56
125 30 40 35 20 63
140 30 40 35 20 70
160 30 35 35 20 80
190 30 35 35 20 95
220 30 35 35 20 110 140
240 30 35 35 20 120 150
270 30 35 35 20 135 170
300 25 35 35 20 135 200
320 25 35 30 15 140 210
360 25 35 30 15 150 230
400 25 35 30 15 160 250
420 25 35 30 15 170 280
520 25 35 30 15 180 320
560 25 35 30 15 220 350
580 20 35 30 15 220 370
600 20 35 30 15 230 380
650 20 35 30 15 240 400
720 20 35 30 15 250 430
780 20 30 30 15 270 450

©opyright 2004 – 2005 René König , www.aquaristikfibel.de

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